ANSA D’ACQUA / TERRE D’ARTE

deutsch

Lymphe vielleicht rinnt im Gestein und Felskristalle wuchern in Wasser. Begriff und Mythos der Natur heischen Gesetze, die der Künstler wahren muß. Dies ist das Werk Stefan Soravias, das sich ihre Symbole – nicht alle – zu eigen gemacht hat. Über der Erde drängt es ihn zu neuen, geheimen Grenzen, wie aus Scham werden Geist und Gefühle, die aus der Balance geraten, verschwinden. Alles ist schon vorhanden, der geduldige Abdruck, die Nachahmung, die in der Zeit aufgehobene Veränderung huldigen dem Wesen, das nicht auszutreiben ist. Was bleibt, ist planvolles Handeln, der Gedanke, der sich befreien kann und auch spielen, den es verlangt, sich in den Dingen zu verlieren, der von kühnen Veränderungen träumt, der aber im Grunde die Lehren der Zeichen (Tatsachen) gelten läßt, sie verewigt und wiedereinsetzt als Wege ins Neue. Adern aus Wasser oder versteinerter Erde, Spuren aus Sand oder Rost, winzige Furchen oder der Sturzbäche Bett, Graphitstaub und Maserungen lebenden Holzes werden mit Ergebenheit beobachtet, angetrieben zu weiteren Metamorphosen, gesammelt und geschieden wie aufgelöste Metaphern. Dem Künstler bleiben ungewisse Ergebnisse, die eher imaginär als vollkommen sind, Vermutungen über neue Wege, unvollständige Kopien der gewaltigen und unerbittlichen Mechanismen, denen der Mensch die Geschichte gegenübergestellt hat, die hartnäckige Erforschung, die zum Schauer des Entdeckens oder zur Einsicht des Scheiterns führt. Wiedergefundene Spuren, Ahnung von Erinnerung und vergangener Mühen tauchen auf der unternommenen Expedition auf. Dann müssen wir die Botschaft anderen überbringen, die sich an dem Rätsel versuchen und die vielleicht nicht fähig sind, sie ihren Nachfolgern weiterzugeben. Die rätsellockenden Elemente der Natur, in die wir eingebunden sind, sind wohl unübersetzbar, sie eilen in dem weit strömenden Flusse, der mit ihnen unsere Sehnsucht mitnimmt, das Sehnen nach mehr Wissen. Der Mann am Ufer entreißt dem Strome Symbole, wählt Eindrücke aus dem, was angehalten hat, er nimmt für Augenblicke Zeichen aus dem Ganzen, um sie seiner Deutung auszusetzen.

 

>Was aber jener tuet, der Strom,

weiß niemand.<     Friedrich Hölderlin

 

 

Flavio De Marco, übersetzt von Frank Schad